Wo jetzt Seen, Wiesen und Wälder die Landschaft schmücken, war bis vor etwas über 20 Jahren kaum daran zu denken. Bereits 1954 versuchte man Flächen rund um die Braunkohle-Löcher zu begrünen, was jedoch lange Zeit fehlschlug, da der Boden für viele Pflanzen übersäuert war. Erst nach dem Anbau von Dünengras konnten weitere Pflanzen angesiedelt werden.
Eines blieb jedoch: die großen Löcher, die durch den Tagebau entstanden sind.
Der Cospudener See war damals der erste, der geflutet wurde. Seinen Endwasserstand erreichte der Bergbaurestsee im Jahr 2000.
Der Braunkohlebergbau verändert die Landschaft der Region Leipzig seit mehr als 100 Jahren. Natur und Gewässer wurden erheblich in Anspruch genommen. Heute gibt das Neuseenland den Menschen viel zurück an Lebens- und Aufenthaltsqualität – und Flora und Fauna neuen, wertvollen Lebensraum. Die Renaturierung ist nahezu abgeschlossen. Ein Landschaftswandel ohne Beispiel – und mit Happy End.
Zur EXPO 2000 in Hannover wurde als erstes der Cospudener See als externer Standort seiner neuen Bestimmung übergeben.
Es folgte der große Goitzschesee bei Bitterfeld, dann der Markkleeberger See und der Hainer See. Heute sind auch der Geiseltalsee, der Störmthaler und der Zwenkauer See fertig geflutet. Der jetzige Geschäftsführer des Hainer Sees, Chris Conrad, zugleich Gründungsmitglied, Hauptgesellschafter und Geschäftsführer des Cospudener Sees (Pier1) hat mit seinen Ideen maßgeblich die positive Entwicklung des Neuseenlands bestimmt. Auch Boris Janda, der Betreiber des HAUS IM SCHILF und ebenfalls Gründungsmitglied und Gesellschafter von Pier1 ist ein kleiner Teil der Erfolgsgeschichte des Neuseenlands.
Der Verbund von alten und neuen Gewässern mit einer Größe von aktuell 37 Quadratkilometern machen Leipzig und das Umland wieder zur Wasserregion wie vor 100 Jahren. Leipzig selbst wurde früher aufgrund der Flüsse, Kanäle und Mühlengräben „Klein Venedig“ genannt.
Vom Cospudener See aus kann man bereits mit dem Boot oder Kajak bis in die Leipziger Innenstadt fahren. Weitere Wasserverbindungen sind geplant.
Mehr als 23 Tagebaulöcher verwandeln sich in den Räumen Leipzig, Halle, Bitterfeld und Borna in Seen mit hohem Freizeit- und Erholungswert. Der Seenverbund wird in naher Zukunft eine Wasserfläche von etwa 70 Quadratkilometern einnehmen. Mehr als die Hälfte davon ist bereits realisiert.
Mittlerweile ist das Leipziger Neuseenland ein Gebiet, welches schier endlose Freizeitmöglichkeiten bietet. Die Bergbaufolgelandschaft dient zudem als Heimat für einige geschützte und gefährdete Tier- und Pflanzenarten.
Nach der Stilllegung des Tagebaus musste auch die Infrastruktur wieder aufgebaut werden. 1999 wurde eine neue Kreisstraße bei Kahnsdorf eingeweiht. Historische Gebäude wie das Schillerhaus und das Herrenhaus wurden in Kahnsdorf saniert. Heute dienen sie als Raum für Gastronomie, Veranstaltungen und Ferienwohnungen.
Auch am Hainer See wurden ab 2011 fast hundert Wochenendhäuser, Bootsliegeplätze, Ferienwohnungen und gastronomische Angebote erstellt, darunter auch das HAUS IM SCHILF. Als Naherholungsbiet und Anziehungspunkt für Touristen wachsen auch wieder die Einwohnerzahlen von Kahnsdorf. Seit 2020 wird deshalb ein neues Wohngebiet eingerichtet für bis zu 170 Eigenheimen. Als Landschaft und Kulturort wird sich der Hainer See auch in Zukunft weiterentwickeln.
Das Leipziger Neuseenland ist heute ein sehr beliebtes Naherholungsgebiet für die Sachsen. Es entwickelt sich auch überregional immer mehr zum Tourismusmagnet für Erholungssuchende, Naturfreunde und Wassersportbegeisterte. Auch die Zahl internationaler Gäste nimmt stetig zu.
Heute wird der Braunkohletagebau noch an den Standorten Profen (Sachsen-Anhalt) und Vereinigtes Schleenhain (Sachsen) durch die Mitteldeutsche Braunkohlegesellschaft mbH (MIBRAG) betrieben. Der Tagebau Vereinigtes Schleenhain ist mit dem Rad nur etwa 15 km vom HAUS IM SCHILF entfernt und kann zudem besichtigt werden. Er besteht aus den Bereichen Groitzscher Dreieck, Peres und Schleenhain.
In den beiden Tagebauen fördert MIBRAG etwa zehn Prozent der in Deutschland gewonnenen Rohbraunkohle und beliefert damit die beiden Kraftwerke Schkopau in Sachsen-Anhalt und Lippendorf in Sachsen. Letzteres ist eine der bekanntesten Landmarken im Neuseenland und vom HAUS IM SCHILF aus sichtbar. Das Kraftwerk Lippendorf deckte 2018 bis zu 80 Prozent des Fernwärme-Bedarfs der Stadt Leipzig.
Der Braunkohleabbau war immer eng mit der Region und den dort lebenden Menschen verbunden. Auf Grundlage des Kohleverstromungsbeendigungsgesetztes ist der für 2038 avisierte Ausstieg aus der Braunkohleförderung auch im Mittedeutschen Revier beschlossen. Bis zum Ausstiegszeitpunkt stellt MIBRAG mit seinen Tagebauen Vereinigtes Schleenhain und Profen die zuverlässige Versorgung der beiden Kraftwerke Schkopau und Lippendorf sicher.
Gleichzeitig entsteht in der Region der wohl größte Solarpark Europas mit einer Leistung von 650 Megawatt. Gebaut wird nur wenige Kilometer vom Hainer See entfernt auf Rekultivierungsflächen des stillgelegten Tagebaus Witznitz. Ein Teil der Fläche unterhalb der Solarmodule soll zudem für die landwirtschaftliche Nutzung getestet werden, aber auch etwa 13 km Rad- und Reitwege sollen entstehen.
Alter der Braunkohle: 45 bis 20 Mio. Jahre
Förderung: 11 Mio. t Rohbraunkohle pro Jahr
Abraummenge: 35 bis 44 Millionen Kubikmeter pro Jahr
Gerätschaften: 9 Tagbau-Großgeräte, ca. 38 km Bandanlagen
Tagebau Vereinigtes Schleenhain
Bis 2035 soll auch der letzte Tagebaubereich Schleenhain stillgelegt werden. Bis zur Stilllegung wird das Wasser gereinigt und in die Pleiße eingeleitet. Die Abbaulöcher von Schleenhain und dem südlichen Teil von Peres sollen mit Abraum verkippt werden.
Auf dem restlichen Gebiet der Baufelder Peres und Groitzscher Dreieck sind zwei Seen in Planung. Diese sollen bis 2050 fertiggestellt sein und eine Vorflutanbindungen an die Weiße Elster und die Schnauder besitzen. Geflutet werden sie durch den Wiederanstieg des Grundwassers und durch eigenes Sümpfungs- und Flusswasser.
Direkt am oberen Uferrundweg des Hainer Sees wurde ein Gedenkstein für die Dörfer Kreudnitz und Hain errichtet. Die Hainer und Kreudnitzer Bürger kommen seit 1989/1990 regelmäßig im Kulturhaus Rötha zu „Ehemaligentreffen“ zusammen.
Der Name des Dorfes Hain wurde im Namen des Sees und in Straßennamen von Kahnsdorf und Espenhain erhalten. Auch das neue Hafendorf am Nordufer des Hainer Sees wurde wie der angrenzende Campingplatz nach dem Dorf benannt.
Die bürgerliche Interessensgemeinschaft Neue Helen e. V. 2009 gegründet mit dem Ziel, die Ortsteile Großzössen, Kahnsdorf und Lobstädt in kultureller, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht wiederzubeleben. Zusammen mit der Geschichtswerkstatt Neukieritzsch e. V. und der Stiftung Lebendige Gemeinschaft Neukieritzsch rief sie den Helene-Platz in Großzössen ins Leben. Seit der Einweihung im Jahr 2013 wird dort an die durch den Tagebau verlorenen Orte erinnert.
Die Künstlergruppe „Kunst statt Kohle“ wollte mit seiner Kunst die Landschaft mit der landschaftlichen Geschichte verbinden. Neben Butterfly und der Versteinerten Zeit ist die VINETA ein Höhepunkt dieser Bemühungen. Das Kunstwerk liegt mitten im Störmthaler See und gleicht einem aus dem Wasser ragenden Kirchturm. Das Gebilde wurde der verlorenen Kirche von Magdeborn nachempfunden. 2010 wurde der 15 m hohe Bau eingeweiht und erinnert seitdem an die verlorenen Orte des Espenhainer Tagebaus. Seit 2011 durch den Kristallpalast Varieté Leipzig betrieben.
Die Überlebenskastanie wurzelt auf der Magdeborner Halbinsel beim Störmthaler See und ist das letzte Zeugnis von Gruna, einem Ortsteil von Magdeborn. Die Kastanie wurde 1907 von Margarete Reichenbach in der Nähe des jetzigen Dispatcherturm gepflanzt. Trotz der landschaftlichen Veränderungen steht die Kastanie bis heute. Am 11. April 2014 wurde eine Nachfolgekastanie gepflanzt.
Der Dispatcherturm ist ein Überbleibsel des Tagebaus Espenhain auf der heutigen Magdeborner Halbinsel im Störmthaler See. Von diesem Ort aus wurden die Baufelder Ost und West geleitet und überwacht. Die sogenannten Dispatcher sorgten für einen sicheren Betrieb und steuerten aus der Ferne die Tagebaumaschinen. Heute wird der Turm für Gastronomie und kulturelle Events wie Konzerte genutzt.
Der Bergbau-Technik-Park wurde von 2010-2012 errichtet und beherbergt Schaufelradbagger, eine Lok zum Kohletransport und über 2.000 Tonnen schwere Absetzer. Das Freilichtmuseum zeigt den kompletten Förderzyklus eines Braunkohle-Tagebaus. Die Maschinen wurden teilweise aus dem Tagebau Espenhain übernommen. 2014 wurde der Park in die Route der Industriekultur sowie der European Route of Industrial Heritage (ERIH) aufgenommen.
Mit dem kontinuierlichen Ausbau der Seenlandschaft kommt natürlich auch der Wassertourismus immer mehr in Schwung. Umso wichtiger ist ein durchdachtes Konzept, dass sowohl die touristische Nutzung der Gewässer ermöglicht und zugleich aber Ruhe- und Rückzugsräume für Tier- und Pflanzenarten schafft. Letzteres geschieht unter anderem durch saisonale Schutzzeiträume. Die ordnungsgemäße Nutzung wird vom touristischen Gewässerverbund Leipziger Neuseenland überprüft.
Der Klimawandel zeigt sich auch im Leipziger Neuseenland. Die Region Leipzig zählt zu den regenärmsten in Deutschland. Über die letzten Jahre hinweg wurde in Sachsen die stärkste Grundwasserdürre seit 100 Jahren festgestellt.
Die Seen beeinflussen das Klima jedoch kaum. Lediglich das Mikroklima verändert sich in Seenähe, also etwa 10-50 Meter um die Seen herum. Hier steigt die Temperatur etwas langsamer an, der Wind ist verstärkt und im Winter gibt es eine höhere Nebelneigung.
Laut dem Deutschen Wetterdienst haben die Seen aber ansonsten keinen direkten Einfluss auf das Klima in der Leipziger Region.